Am Wochenende vom 4. Advent nutze ich meine sturmfreie Bude traditionell dazu, um mich mit einem Tannenbaum, einem Riesentopf Linsen und einer Flasche Glühwein zu Hause einzumummeln, um Weihnachtsschmuck zu basteln und Karten zu schreiben.
Fürs Einmummeln samt Glühweinritual wars natürlich viel zu warm, stattdessen habe ich mir auf der Terasse in der Mittagssonne einen Kaffee neben dem knospenden Kirschbaum genehmigt. Jedoch muss ich als Schwäbin zumindest einmal im Jahr Saure Linsen mit Spätzla essen, Hitze hin oder her!
Lecker Linsen … und so was von gesund.
Die Linse (lat.: Lens culinaris) stammt ursprünglich aus dem Orient. Seit über 8000 Jahren wird sie bereits angebaut und ist damit der ältesten Kulturpflanzen überhaupt. Lange galt sie als Arme-Leute-Essen. Heute lieben wir die Hülsenfrucht für ihren wunderbaren Geschmack und ihre wertvollen Inhaltsstoffe: sekundäre Pflanzenstoffe, Kalium, Magnesium, Eisen und Zink sowie einige B-Vitamine nebst Folsäure. Ihr Eiweißgehalt macht Linsen zur perfekten Basis für eine ausgewogenen vegetarische Ernährung, denn „Getreideeiweiß und Linseneiweiß ergänzen sich perfekt“, weiß Woldemar Mammel, Biologe und Bio-Bauer im Interview mit der taz. Kombiniere man beide, so komme „ein mit tierischem Eiweiß vergleichbares Eiweiß zustande“.
Linsenanbau
Linsen gedeihen auf kargem, kalkhaltigem Boden und habens gern trocken. Daher ist meine Heimat, die schwäbische Alb, bestens für den Linsenanbau geeignet. „Viel Steine gab’s und wenig Brot“, so Ludwig Uhland über die Äcker der rauhen Alb. Mein eigenes stickstoffreiches Gemüsebeet ist dagegen kein idealer Grund und Boden für die Hülsenfrucht.
So weit, so gut. Damit die Linsenpflanzen Standfestigkeit bekommen, muss zwischen ihnen Getreide angebaut werden. Zudem ist die Ernte sehr aufwändig, da die Linsen aus den feinen Schoten herausgelöst werden müssen. (Hier weitere Infos zum Linsenanbau.)
Im Blog „Neulich im Garten“ liest man aus diesen Gründen nur von einer kleinen wenn auch feinen eigenen Ernte. Ich hüte mich daher, Linsen selbst anzubauen, und rate auch anderen Gardennewbees ab. Das ist kein Gemüse für Einsteiger! Aufgrund der im Vergleich zu günstigen Importen aufwändigen Produktion, wurden Linsen auch professionell bis 1985 nicht mehr in Deutschland erzeugt, bis der Onkel von meinem Kumpel Tobi auf dem Bioland-Hof Mammel im schwäbischen Lauterach den mühevollen Anbau erneut wagte.
Schwäbische „Alb-Leisa“
Aufgrund der steigenenden Nachfrage gründeten Max und Woldemar Mammel 2001 die Öko-Erzeugergemeinschaft „Alb-Leisa“. Seit 2007 baut die Gemeinschaft auch wieder die Original Alb-Leisa an. Den Russen sei dank dafür, denn das Wawilow- Institut in St. Petersburg verfügte noch über keimfähige Samen. So gibt’s heute wieder die echten schäbischen Linsen, sogar in Bio-Qualität und via Web-Shop auf alb-leisa.de, so dass auch Auswanderinnen wie ich in deren Genuss kommen. Das Beste an den Linsen: Sie lassen sich sehr lang lagern und dann aber relativ flott zubereiten. Das perfekte Essen, wenn am Feiertag der Kühlschrank lehr ist!
Die Rückkehr der Linse schaffte es 2014 sogar in die taz. Hier weitere Infos zur Alb-Linse.
Was aber stelle ich mit den Linsen an?
Rezept für Saure Linsen – nach Art des Hauses
Zutaten
- 20 g Schmalz
- 1 Scheibe mageren Bauchspeck (175 -200g)
- 1 Zwiebel
- 1 TL Rohrzucker
- 400 g Alb-Linsen (müssen nicht gewaschen werden. Die Kochzeit ist mit 40 Minuten angegeben.Das hat für mich gepasst, denn die Linsen sind knackig geblieben, sogar nach mehrfachem Aufwärmen.)
- 1 Bund Suppengrün
- 1 kleine Ingwerknolle
- Salz
- Pfeffer
- 1-2 EL Mehl
- Balsamicoessig
- 1 TL Curry-Gewürz
- ½ TL Cumin (Kreuzkümmel)
Vorbereiten: Zwiebel und Ingwer fein würfeln. Ebenso einen Teil des Suppengrüns sehr fein schneiden (1 halbe Möhre ein Stück vom Sellerie, einen Teil der Petersilie). Rest grob stückeln.
Anbraten: Bauchspeck und Zwiebeln mit dem Schmalz in einer Pfanne scharf anbraten. Auf mittlere Hitze runterschalten. Wenn die Zwiebeln glasig sind mit dem Rohrzucker karamellisieren. Linsen hinzugeben und kurz mit anbraten.
Köcheln: Grob gestückeltes Suppengrün hinzugeben. Wasser aufgießen, bis alles knapp bedeckt ist. Leicht köcheln lassen.
20 Minuten vor Ablauf der Garzeit der Linsen das fein geschnittene Suppengrün und den Ingwer dazugeben und mitgaren. Salzen und pfeffern. Kurz vor Ende der Garzeit das grobe Suppengrün und die Bauchscheibe entfernen. Flüssigkeit mit dem Mehl andicken.
Abschmecken: Zuletzt mit vieeehl Balsamico-Essig, den Gewürzen sowie Salz und Pfeffer abschmecken. Es muss eine anständige Säure kriegen.
Die gewiefte Hobbyköchin ahnt es wohl: Ein oder zwei exotische Zutaten gehören nicht in den schwäbischen Linsenklassiker, passen aber super dazu. Dazu werden Spätzla serviert. Kommen auch noch Saidawürschd (Wienerle) dazu, wirds das Gröschde fürs Pferdle.
Tipp: Wenn die Sauren Linsen über Nacht ziehen, schmecken sie noch besser. Sie werden dabei auch eindicken. Zum Aufwärmen empfiehlt es sich daher, etwas Wasser und ggf. auch Balsamico nachzugießen.
Angefixt?
Auf linsenvergnuegen.de informiert Prof. Dr. Petra Kolip rund ums Lieblingsgemüse Linsen mit einer bunten Palette an leckeren Rezepten.
_____________________
Ach ja, gebastelt habe ich tatsächlich auch noch an diesem 4. Advent. Und dabei unter lautstarkem Mitjodeln „Hair“ rauf und runter gehört.
In diesem Sinne Euch allen
„[paper-]beads, flowers, freedom, happiness“,
frohe Festtage
sowie einen guten und gesunden Rutsch ins neue Jahr!
One comment on “Sternstunde für Linsen – auch im eigenen Garten?”