Mein Giftzwerg zu Hause hat eine hypnotische Wirkung auf Frauen. Nein, ich spiele hier nicht auf meinen liebsten Gatten an, sondern auf meinen Seidelbast. Emsige Gehörnte Mauerbienchen fliegen auf ihn. Und Tagpfauenaugen. Und Taubenschwänzchen. Und Hummeln …
Gemeinsam mit den (Trauben-) Hyazinthen lockt der Seidelbast mit duftenden, magentafarbenen Blüten, welche direkt am Stamm wachsen, die ersten Bestäuberinnen des Frühjahrs in mein handtuchgroßes Ziergärtlein. Eine optische und ökologische Bereicherung für kleine Gärten wie meinen. Denn da er nur langsam wächst und maximal 1,5 m hoch wird, wird er sich noch viele Jahre ausbreiten können, ohne dass ich ihn in seinem Freiheitsdrang beschneiden muss. Er mag einen kalkhaltigen, schweren und kühlen Boden und fühlt sich im lichten Schatten wohl.
Auch im Sommer macht der heimische Strauch eine tolle Figur, wenn er sich mit leuchtend roten Beeren in Szene setzt. Vögel naschen diese gern, für Menschen sind sie jedoch hoch giftig. Der schöne Filou ist also nichts für junge Familien aber perfekt für meinen zugewucherten Minigarten.
Eigentlich sollte der Seidelbast einen Solitärplatz auf der Schattenseite meines neuen Kräuterhexenbeets erhalten – Alraune und Bittersüßer Nachtschatten spukten mir als Nachbarpflanzen im Kopf herum … Diesen Plan habe ich verworfen, als ich den stark verdichteten Boden nach dem trockenen Sommer 2018 nicht tiefgründig genug lockern konnte. Erst letzten Sommer konnte ich das Beet in Betrieb nehmen. Einmal gepflanzt, sollte man den Seidelbast als fragilen Tiefwurzler jedoch nicht mehr umsetzen, weil die Wurzeln dadurch großen Schaden nehmen können. So steht er nun also ganz prosaisch zwischen Hortensie und Hibi, die ich ihm großzügig mit der Gartenschere vom Leib halte, damit er ab März seinen Damenbesuch gebührend empfangen kann.